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    Corona im Rechtsstaat Folge 37

    deNovember 10, 2020
    What was the main topic of the podcast episode?
    Summarise the key points discussed in the episode?
    Were there any notable quotes or insights from the speakers?
    Which popular books were mentioned in this episode?
    Were there any points particularly controversial or thought-provoking discussed in the episode?
    Were any current events or trending topics addressed in the episode?

    About this Episode

    Bereits in Folge 4 hatte sich Niko Härting Anfang April mit Sabine Leutheusser-Schnarrenberger über die Balance zwischen Freiheit und Sicherheit unterhalten. Schon damals ging es um die unzureichenden Rechtsgrundlagen der Corona-Maßnahmen und um fehlende Regelungen zur Entschädigung der Betroffenen. 7 Monate später unterhält sich Niko Härting mit unser früheren Bundesjustizministerin über die Gründe, weshalb die bereits damals erkannten rechtsstaatlichen Defizite immer noch nicht behoben worden sind. Was ist von dem IfSG-Änderungsvorschlag, den die Große Koalition in der letzten Woche in den Bundestag eingebracht hat, zu halten? Und warum wehren sich Datenschützer so wenig gegen eine umfassende Sammlung von Kontaktdaten auf unzureichender gesetzlicher Grundlage?

    Recent Episodes from PinG-Podcast "Follow the Rechtsstaat"

    Follow the Rechtsstaat Folge 68

    Follow the Rechtsstaat Folge 68
    Sölen Izmirli ist Fachanwältin für Verkehrsrecht in Hamburg und setzt sich ehrenamtlich für eine stärkere Vielfalt der Anwaltschaft ein – unter anderem im Ausschuss Gender und Diversity des Deutschen Anwaltvereins. Man weiß kaum etwas: Der Anteil von Jurastudentinnen und -studenten mit migrantischen Wurzeln ist genauso wenig bekannt wie der Anteil von Anwältinnen und Anwälten mit Migrationsgeschichte. Allerdings gibt es laut Izmirli ein wachsendes Bewusstsein für die vielerorts unzureichende Repräsentanz in Gremien und Organisationen. Warum eigentlich bleiben junge Anwältinnen und Anwälte beruflich vielfach in ihren Communities unter sich, gründen Kanzleien, die sich an migrantische Mandantschaft wenden? Izmirli berichtet von dem Gefühl, eine „Exotin“ unter sehr deutschen Berufskollegen zu sein – gerade auch, wenn es um das „gemütliche Zusammensein“ geht, das ein fester Bestandteil von Tagungen und Zusammenkünften ist. Zugleich gehe ihr das Herz aus, wenn sie bei Gericht auf (zu wenige) Richterinnen und Richter mit türkischen Wurzeln trifft. Sölen Izmirli berichtet auch von Alltagserfahrungen, von Reaktionen der Mandanten, die das erste Mal ihren türkischen Namen hören. Es vergeht keine Woche, in der Izmirli nicht die Herkunft ihres Namens erklären muss: „Es wird impliziert, dass man anders ist aufgrund eines Namens, den nicht jeder aussprechen kann.“

    Follow the Rechtsstaat Folge 67

    Follow the Rechtsstaat Folge 67
    Die neue Podcast-Folge sorgt für mehr Durchblick: In Querbeet analysieren Niko Härting und Stefan Brink (ab Minute 00:39) die datenschutzrechtlichen Problematiken des Mixed Reality Headsets Vision Pro von Apple und machen darauf aufmerksam, dass der Digital Services Act DSA ab dem 17.2.2024 EU-weit vollständig wirksam wird. Dann geht es um den „Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes“ (ab Minute 08:41), also um die Novelle des BDSG. Dort wird nicht nur die Konferenz der Datenschutzbeauftragten der Länder und des Bundes DSK (denkbar schmalbrüstig) „institutionalisiert“, die Bundesregierung reagiert zugleich auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 7.12.2023 (C-634/21 SCHUFA Holding/Scoring) und begrenzt den für Bonitätsannahmen zulässigen Datenraum. Schließlich werfen Stefan und Niko noch einen Blick auf die erhellende Entscheidung des VG Freiburg (Breisgau) vom 13.11.2023 (Az. 3 K 1381/23, ab Minute 31:11) zu rechtsstaatlichen Regeln bei der Führung elektronischer Behördenakten. Denn auch soweit Verfahrensakten elektronisch geführt werden gelten dieselben rechtsstaatlichen Anforderungen wie bei analoger Aktenführung, wonach Behörden verpflichtet sind, den bisherigen wesentlichen sachbezogenen Geschehensablauf objektiv, vollständig, nachvollziehbar und wahrheitsgemäß zu dokumentieren. Auch die elektronische Akte ist daher weder Abwurfstelle für elektronische Dateien noch digitales Sammelsurium – sondern muss der Behörde, den Gerichten und nicht zuletzt den informationshungrigen BürgerInnen den nötigen Durchblick über Motive, Ablauf und Ergebnisse von Behördenhandeln gewähren.

    Follow the Rechtsstaat Folge 66

    Follow the Rechtsstaat Folge 66
    „Die Selbstbehauptung des Verfassungsstaates – vom Umgang des Grundgesetzes mit Verfassungsfeinden“. Dies ist der Titel eines Vortrags, den der Würzburger Staatsrechtslehrer (und alte Bekannte aus früheren PinG-Podcasts) Kyrill-Alexander Schwarz vor kurzer Zeit hielt. Prof. Schwarz berichtet in diesem Podcast von dem großen Interesse, das Studierende derzeit am Staatsrecht zeigen. Sie möchten verstehen, wie sich der Staat gegen Extremisten wappnen kann. Im ersten Teil des Podcasts (ab Minute 5:15) geht es um Parteiverbote, um die Verbotsverfahren gegen die Sozialistische Reichspartei (SRP) und die kommunistische KPD in den 1950er-Jahren und um die beiden erfolglosen Versuche eines Verbots der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD). Derzeit wird viel über ein mögliches Verbotsverfahren gegen die AfD diskutiert, das man nach Auffassung von Schwarz nicht ausschließen sollte. Die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder haben die Aufgabe, Extremisten zu beobachten und vor ihnen zu warnen. Schwarz und Härting diskutieren (ab Minute 12:03) kritisch über die Rolle und Funktion der Verfassungsschützer und ihre Befugnisse. Als nur schwer kontrollierbarer Teil des Regierungsapparats können sie instrumentalisiert werden, um gegen Oppositionelle vorzugehen. Dass sich etwa der thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow noch vor 10 Jahren dagegen wehren musste, als Bundestagsabgeordneter vom Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet zu werden, erscheint aus heutiger Sicht kaum noch vorstellbar. Im letzten Teil des Podcasts geht es (ab Minute 23:13) um die „Resilienz“ des Verfassungsstaates. Was ist von Vorschlägen zu halten, das Bundesverfassungsgericht dadurch zu stärken, dass beispielsweise das Erfordernis einer Zweidrittelmehrheit bei der Richterwahl im Grundgesetz verankert und dadurch einer Änderung des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes (BVerfGG) durch einfache Mehrheit entzogen wird?

    Follow the Rechtsstaat Folge 65

    Follow the Rechtsstaat Folge 65
    Kristina Schröder war von 2002 bis 2017 Bundestagsabgeordnete der CDU und von 2009 bis 2013 Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Sie ist heute als Unternehmensberaterin und Publizistin tätig. Meinungsfreudig vor allem in der Corona-Krise, aber auch zum geplanten Selbstbestimmungsgesetz der Bundesregierung. Im Gespräch mit Niko Härting berichtet sie von „Störgefühlen“, die sie bereits zu Beginn der Corona-Krise hatte, als Schulen geschlossen wurden und über lange Zeit geschlossen blieben. Die lange anhaltende Schließung der Schulen hält Schröder bis heute für einen gravierenden Fehler der Politik. Enttäuscht hat Schröder insbesondere auch das Bundesverfassungsgericht, das sich während der gesamten Corona-Zeit weigerte, der Politik „rote Linien“ zu markieren. Dies obwohl es zu Grundrechtsbeschränkungen kam, die in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland einmalig waren. Kristina Schröder kritisiert die verbreitete Geringschätzung der Freiheitsrechte und die zunehmende Tendenz, Grundrechte einem vermeintlichen oder tatsächlichen kollektiven Gut unterzuordnen. Sie befürchtet, dass sich diese Tendenz beispielsweise bei der Klimapolitik fortsetzt, und setzt sich für eine umfassende Aufarbeitung der Corona-Zeit ein. Die Chancen, kurzfristig durch Einsetzung einer Enquetekommission oder auf ähnliche Weise eine Aufarbeitung zu betreiben, stehen nicht gut. Mit Ausnahme der FDP haben die Regierungsparteien die Corona-Politik der seinerzeitigen Großen Koalition mitgetragen. Dies gilt selbstverständlich auch für Kristina Schröders Partei, die CDU. Im zweiten Teil des Podcasts (ab Minute 21:47) geht es um das geplante Selbstbestimmungsgesetz, durch das Transmenschen die Änderung des Geschlechtseintrags erheblich erleichtert werden soll, indem nicht mehr verlangt wird als eine einfache Erklärung der Betroffenen beim Standesamt. Kristina Schröder meint, es solle an dem Erfordernis einer doppelten psychologischen Begutachtung festgehalten werden, und begründet dies vor allem mit dem notwendigen Schutz von Kindern und Jugendlichen vor folgenreichen Fehlentscheidungen. Zugleich betont Schröder den Respekt vor selbstbestimmten Entscheidungen erwachsener Transmenschen. Das „biologische Geschlecht“ könne jedoch nicht einfach hinweggeleugnet werden – ein Einwand, mit dem Kristina Schröder Niko Härting nicht überzeugt.

    Follow the Rechtsstaat Folge 64

    Follow the Rechtsstaat Folge 64
    Die neue Podcast-Folge führt uns quer durch Instanzen und Republik: Nachdem Stefan Brink (ab Minute 01.35) auf eine Veranstaltung zu 50 Jahre Landesdatenschutzgesetz Rheinland-Pfalz hingewiesen hat, widmet er sich mit Niko Härting der Entscheidung des EuGH (vom 30.1.2024 – C 118/22, ab Minute 05:10) zur „kleinen Schwester“ der DS-GVO: Die Richtlinie (EU) 2016/680 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung macht Vorgaben zum mitgliedstaatlichen Recht der justizbehördlichen Datenverarbeitung. In der Vorlageentscheidung stellte der EuGH rechtsstaatliche Vorgaben zum Löschanspruch eines wegen Falschaussage vorbestraften Bürgers auf: Er wollte aus dem von bulgarischen Polizeibehörden geführten Polizeiregister gelöscht werden, in das Personen eingetragen werden, die wegen einer vorsätzlichen Offizialstraftat verfolgt werden. Die nächste Entscheidung führt uns zum Arbeitsgericht im thüringischen Suhl (Urt. v. 20.12.2023 – 6 Ca 704/23, ab Minute 11:55): Das sah in der unverschlüsselten Übermittlung einer Auskunft nach Art. 15 DS-GVO per E-Mail einen Verstoß gegen Art. 5 Abs. 1 DS-GVO, der jedoch nicht automatisch dazu führe, dass der betroffenen Person zugleich ein Schadenersatzanspruch nach Art. 82 DS-GVO zustehe. In Sachen Informationsfreiheit werfen Niko und Stefan sodann einen Blick auf die Tätigkeit des Hamburgischen Informationsfreiheitsbeauftragten (ab Minute 20:40) und klären, warum und wann auch juristische Personen des Privatrechts nach dem Informationsfreiheitsrecht auskunftspflichtig sein können. Schließlich (ab Minute 27:20) geht es um eine Kammer-Entscheidung des BVerfG: Nach einer Videoverhandlung hatte ein Prozessbeteiligter gerügt, mangels steuerbarer Zoomfunktion die Unvoreingenommenheit der Richter nicht durch einen Blick in deren Gesichter überprüfen zu können. Das verletze sein Recht auf den gesetzlichen Richter nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG. Dies verneinte das BVerfG zwar, prüfte aber eine Verletzung des rechtsstaatlichen Gebots des fairen Verfahrens - ein solcher Verstoß war im fachgerichtlichen Prozess jedoch nicht gerügt worden (Unzulässigkeit wegen Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde). Schade.

    Follow the Rechtsstaat Folge 63

    Follow the Rechtsstaat Folge 63
    Neue Podcast-Folge, neue Gerichtsentscheidungen: Stefan Brink und Niko Härting widmen sich zunächst der Entscheidung des EuGH (Urteil v. 25.01.2024, Rs. C-687/21, ab Minute 01:07), wonach einem Kunden von Saturn beim Kauf eines Elektrohaushaltsgeräts per Kreditvertrag Gerät und personenbezogene Daten durch Aushändigung an einen drängelnden Dritten für eine halbe Stunde abhanden kamen. Hier entscheid der EuGH in Sachen Schadenersatz nach Art. 82 DS-GVO, dass ein rein hypothetisches Risiko der missbräuchlichen Verwendung durch einen unbefugten Dritten nicht zu einer Entschädigung des Klägers führen kann. Ein „immaterieller Schaden“ im Sinne dieser Bestimmung liege nicht schon deshalb vor, weil die betroffene Person (bloß) befürchtet, dass vor der Rückgabe des Kaufdokuments eine Kopie von ihm angefertigt worden sein und in Zukunft eine Weiterverbreitung oder gar ein Missbrauch ihrer Daten stattfinden könnte. In einer weiteren Entscheidung des OLG Köln (Urteil vom 10.08.2023 - I-15 U 149/22, ab Minute 15:38), ging es um den Umfang des Auskunftsanspruchs nach Art. 15 DS-GVO gegenüber einer Klinik nach Behandlungsfehler (eine Fraktur des Fußes war übersehen worden). Das OLG hielt fest, dass der Datenauskunftsanspruch über die Behandlungsdokumentation hinaus auch die weiteren in den Datensystemen der Krankenhausverwaltung gespeicherten personenbezogenen Daten umfasse sowie auch diejenigen Daten über sie, welche eine Klinik mit ihrer Haftpflichtversicherung und ihren Rechtsanwälten über die Patientin geteilt hat. Zudem sei eine auf den Wortlaut des Art. 15 DS-GVO gestützte Auskunftsklage aus sich heraus schlüssig, die pauschal auf eine „vollständige Datenauskunftserteilung“ gerichtete Klage sei zulässig und gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmt – eine wichtige Abkehr von der früheren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (entgegen BAG, Urt. v. 16.12.2021 - 2 AZR 235/21). Schließlich werfen Niko und Stefan ihren kritischen Blick auf zwei „anspruchsvolle“ Kammer-Entscheidungen des BVerfG (2 BvR 1330/23 - Beschluss vom 16.10.2023, 1. Kammer 2. Senat BVerfG sowie 1 BvR 1962/23, ab Minute 25:43). Das Gericht schraubt die Substantiierungs- und Subsidiaritätsanforderungen für Verfassungsbeschwerden in schwindelnde Höhe, die zuvor nur bei Richtervorlagen erreicht wurden – das wird die Freude der Bürgerinnen und Bürger an unserem Verfassungsgericht merklich trüben.

    Follow the Rechtsstaat Folge 62

    Follow the Rechtsstaat Folge 62
    Timo Peters ist Rechtsreferendar und Vorstand des Afro-Deutsche Jurist:innen e. V. Der Verein wurde vor zwei Jahren gegründet und hat bereits mehr als 130 Mitglieder. Warum gibt es einen solchen Verein? Im Gespräch mit Niko Härting berichtet Timo Peters von seinen persönlichen Erfahrungen als Student und Referendar mit dunkler Hautfarbe. Zudem gibt Timo Peters Einblick in die Themen, die die Vereinsmitglieder bei ihren regelmäßigen Zusammenkünften besprechen. Es geht um das Gefühl der Zugehörigkeit bzw. des „Nicht-Dazugehörens“, um Vorbilder für junge schwarze Juristinnen und Juristen, um gut gemeinte Fragen nach der Herkunft. Was können „biodeutsche“ Anwältinnen und Anwälte dazu beitragen, dass schwarze Kolleginnen und Kollegen stärker als bisher zur Normalität unseres Berufes zählen?

    Follow the Rechtsstaat Folge 61

    Follow the Rechtsstaat Folge 61
    In dieser Podcast-Folge geht es in Querbeet (ab Minute 01.08) zunächst um die unendliche Geschichte der Wahl eines Bundesbeauftragten und ein Bußgeld, welches die französische Aufsichtsbehörde CNIL gegen Amazon wegen Verletzung des Beschäftigtendatenschutzes verhängt hat. Danach besprechen Niko Härting und Stefan Brink die ablehnende Entscheidung des rheinland-pfälzischen Datenschutzbeauftragten (ab Minute 07.38), Unterlagen zu Funktion und Entwicklung des Textgenerators ChatGPT herauszugeben. Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten der Länder und des Bundes DSK hatte bei OpenAI entsprechende Auskünfte zu ChatGPT eingeholt, allerdings lehnte der LfDI RLP einen darauf zielenden Informationszugangsantrag mit der Begründung ab, die Unterlagen enthielten sämtlichst Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse von OpenAI – und dessen Schutzinteresse überwiege das öffentliche Interesse an einem demokratischen Diskurs über den Einsatz von KI. In einer weiteren Entscheidung des OVG Hamburg (3 Bs 146/23 vom 29.11.2023, ab Minute 17:30), ging es um die Pflicht zum Vermerk des Geburtsdatums auf dem Kandidaturbogen für die Wahl zum Studierendenparlament. Hatte das VG Hamburg die Kandidatur noch mangels Angabe des geforderten Geburtsdatums für unwirksam gehalten, verwarf das OVG die Pflicht zur Angabe des Datums unter Hinweis auf den Grundsatz der Datenminimierung in der DS-GVO. Dieser schließe auch verfrühte Datenerhebungen aus. Schließlich werfen Niko und Stefan einen leicht verwunderten Blick auf die Pressemitteilung des BVerwG (zum Verfahren 10 C 3.22 vom 19.12.2023), das die im Jahr 2018 in Kraft getretene Allgemeinen Geschäftsordnung für die Behörden des Freistaates Bayern (AGO) „absegnete“: Nach dieser Vorschrift ist im Eingangsbereich eines jeden Dienstgebäudes als Ausdruck der geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns gut sichtbar ein Kreuz anzubringen (ab Minute 33:03). Nach dem Kontext und Zweck der Verwendung des Kreuzessymbols identifiziere sich der Freistaat Bayern durch die Aufhängung von Kreuzen keineswegs mit christlichen Glaubenssätzen. Seine Anbringung im Eingangsbereich von Behörden stehe der Offenheit des Staates gegenüber anderen Bekenntnissen und Weltanschauungen nicht im Weg. Aha – warten wir mal auf die Eingebungen, welche uns in den schriftlichen Urteilsgründen präsentiert werden.

    Follow the Rechtsstaat Folge 60

    Follow the Rechtsstaat Folge 60
    Diese Podcast-Folge beschäftigt sich mit Fällen zur Informationsfreiheit, die uns der Verein FragDenStaat freundlicherweise zur Verfügung stellt – und die belegen, dass das Bürgerrecht „Freedom of Information“ zwar nützlich und wichtig ist, aber ganz erhebliche Abwehrreaktionen der öffentlichen Verwaltung auslöst und auch den Verwaltungsgerichten ziemliche Mühe bereitet. Zunächst geht es in Querbeet (ab Minute 01.00) um die Feier der Uni Frankfurt/Main zu Ehren des jüngst verstorbenen Datenschützers Prof. Spiros Simitis, um den Neujahrsempfang des Deutschen Anwaltsvereins DAV und um eine Veranstaltung in den Räumlichkeiten der Kanzlei Niko Härtings. Dann bespricht er gemeinsam mit Stefan Brink die Entscheidung des VG Berlin zur Herausgabe der SMS von Außenminister Maas anlässlich des Abzugs der Bundeswehr aus Afghanistan (VG 2 K 124/22 vom 11.10.2023, ab Minute 13.55). Das Berliner Verwaltungsgericht, bekannt durch zahlreiche freiheitsfreundliche Entscheidungen zum Zugangsrecht der BürgerInnen zu behördlichen Informationen, versucht hier die nicht recht plausible Auffassung zu begründen, dass Kommunikation des Außenministers auf dem Diensthandy gar nicht unter den Begriff „amtliche Informationen“ falle. Jedenfalls wird deutlich, dass die öffentliche Verwaltung gerade wegen immer weiterer Formen moderner Kommunikation (E-Mail, SMS, Social Media, eAkte) klarer „bürokratischer“ Vorgaben durch eine Aktenordnung bedarf, die exakt vorgibt, wie welche Behördenäußerungen zu „verakten“ sind – ansonsten läuft der Anspruch auf Informationszugang leer. Spannend auch die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach (AN 14 E 23.1992 vom 2.11.2023, ab Minute 44:17), die einen presserechtlichen Auskunftsanspruch gegenüber der Bundesagentur für Arbeit bejaht und der Antragstellerin Auskunft auf die Fragen danach zuspricht, gegen welche Unternehmen im Jahr 2022 ein Bußgeldverfahren eingeleitet wurde, weil sie entgegen gesetzlichen Vorgaben keine Menschen mit Behinderung beschäftigten. Wenig überzeugende Einwände der BfA, dem stünde der Datenschutz (der Unternehmen?), jedenfalls aber der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen entgegen, entkräftet das VG Ansbach überzeugend. Schließlich wird eine erfolgreiche Klage von FdS vor dem VG Köln (13 K 4761/18 vom 9.11.2023, ab Minute 48:45) erörtert, wonach die Kölner Verkehrsbetriebe zur Auskunft über die Anzahl der von ihr bis zum 11. Dezember 2017 durchgeführten Fahrgastkontrollen, aus der sich auch der Ort der Kontrollen ergibt sowie über die Anzahl der von ihr erfolgten Aufforderungen zur Zahlung eines sogenannten „erhöhten Beförderungsentgeltes“ verpflichtet sind. Die Entgegnungen der KVB sind zwar phantasievoll (sie befördere nur Personen von A nach B, was nicht unter Planung, Organisation und Ausgestaltung des ÖPNV falle und damit keine öffentlich-rechtliche Aufgabe sei bzw. der Informationserteilung stehe der Versagungsgrund entgegen, dass diese zu einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit führe; zudem sei nicht auszuschließen, dass der Kläger eine Schädigungsabsicht verfolge), werden vom VG klar widerlegt. Dass FdS hierauf geschlagene 6 Jahre warten musste (und der Prozess wohl noch nicht zu Ende ist), ist allerdings betrüblich. Auch im neuen Jahr 2024 werden wir regelmäßig Fälle von FdS vorstellen und die rechtliche Praxis der Informationsfreiheit aufmerksam betrachten.

    Follow the Rechtsstaat Folge 59

    Follow the Rechtsstaat Folge 59
    Die erste Podcast-Folge des Jahres widmet sich zunächst in Querbeet (ab Minute 1.30) zwei Aktivitäten der EU-Kommission: Um den für alle lästigen Cookie-Bannern zu entkommen startete die Kommission eine Initiative, Webseiten-Anbieter zum Verzicht auf die Abfrage einer Einwilligung zu bewegen und hat dazu den Entwurf von Verpflichtungsgrundsätzen für die digitale Werbeindustrie vorgelegt, der eine Alternative zum „Pay oder Okay“-Modell bietet. Zudem hat die EU-Kommission im Rahmen des Gesetzes über digitale Dienste (Digital Services Act DSA) ein förmliches Verfahren gegen X eingeleitet (ab Minute 9.27) Gegenstand der Untersuchung ist, ob X in Bereichen wie Risikomanagement, Moderation von Inhalten, Dark Patterns, Transparenz, Werbung und Datenzugang für Forscher möglicherweise gegen das Gesetz über digitale Dienste verstoßen hat. Dann sprechen Niko Härting und Stefan Brink eingehend über die Vorlageentscheidung des EuGH vom 14.12.2023 (C-340/21, ab Minute 21.28): Der EuGH beantwortet Fragen eines bulgarischen Gerichts zum Anspruch auf Ersatz eines immateriellen Schadens wegen der Verletzung technischer oder organisatorischer Maßnahmen nach Art 24 und 32 DS-GVO. Der EuGH legt Art. 82 Abs. 1 DS-GVO so aus, dass allein die Befürchtung einer betroffenen Person, dass ihre personenbezogenen Daten durch Dritte missbräuchlich verwendet werden könnten, einen „immateriellen Schaden“ im Sinne dieser Bestimmung darstellen kann. Das sorgt sicherlich für ganz erheblichen Diskussionsbedarf – ab Minute 38.24 denken Niko und Stefan daher über mögliche Kriterien für Schadenersatzklagen nach Art. 82 DS-GVO im Jahre 2024 nach. Wir freuen uns auf ein spannendes neues Jahr 2024 – und Euer geschätztes Feedback!