Celina Bostic über den Mut, sich neu zu erfinden und »Nie wieder leise« zu sein
Als »Die Ärzte« 1995 das Album »Planet Punk« veröffentlichten, war ich ein so großer Fan, dass ich im Musikunterricht einen Vortrag darüber gehalten habe. Besonders beeindruckt war ich damals von Farin Urlaub, dem Gitarristen und Sänger der Band – etwa 2 Dekaden später lernte ich dann Celina Bostic kennen, die über 10 Jahre in seinem Soloprojekt, dem »Farin Urlaub Racing Team« als Sängerin dabei war und im Mittelpunkt dieser Episode stehen wird.
Der folgende Satz von ihr beschreibt für mich sehr eindrücklich, was sie als Mensch und
Musikerin ausmacht: »Wenn man da hingeht, wo die Angst ist, dann entsteht etwas großes.«
Als Künstlerin will sie aufrütteln, empowern und laut sein – ein inneres Bedürfnis, dass 2020
mit der Veröffentlichung ihres Songs »Nie wieder leise« deutlich wahrnehmbar wurde: Ein
Song, mit dem sie Schwarzen Menschen und People of Color eine Stimme gegeben hat.
Man kann diesen Song durchaus als eine Art »Schlüsselerlebnis« sehen, bei dem Celina als
Künstlerin zu sich selbst gefunden hat – ihr musikalische Reise begann allerdings sehr viel
früher. Schon bald nach dem Schulabschluss gründet sich ihre Band »Sedoussa« mit der sie 2004 beim Major Label »Four Music« ihr erstes Album veröffentlicht. Zeitgleich macht sie sich aber auch als Backroundsängerin einen Namen und arbeitet in den folgenden 10 Jahren mit
zahlreichen großen Künstler*innen unterschiedlichster Genres zusammen: darunter Udo
Lindenberg, Herbert Grönemeyer, Max Herre und wie Eingangs erwähnt, Farin Urlaub.
2014 kehrt sie dem Backroundgesang allerdings den Rücken zu, um als Solistin ihrem eigenen
Ausdruck zu folgen. Sie gründet ein eigenes Label, veröffentlicht das Album »Zu Fuss« und ist
fortan als One-Woman-Band mit Gitarre und Loopstation in ganz Deutschland auf Tour, unter
anderem als Opener von Andreas Bourani, Judith Holofernes und Sarah Connor.
Doch dann wird es erstmal eine ganze Weile ziemlich still um Celina – zum einen, weil sie in
schneller Folge zweifache Mutter wird. Zum anderen, weil die politischen Entwicklungen im
Rahmen der sogenannten 'Flüchtlingskrise' nicht spurlos an ihr vorbeigehen. Der ursprüngliche Wunsch, mit ihren Songs ein positives Lebensgefühl zu verbreiten passt plötzlich nicht mehr so ganz zu ihrem Selbstverständnis als Künstlerin.
So beginnt die Suche – nach einer Popmusik, die »wieder was zu sagen hat«, Gesellschafts-
kritik und vermeintliche Tabuthemen in den Mittelpunkt rückt. Wie relevant Celinas Anliegen ist und wie groß ihr Engagement wird auch im Video von »Nie wieder leise« deutlich, in dem sie 40 prominente Menschen wie etwa Sammy Deluxe, Aminata Belli, Thelma Buabeng und Teddy Teclebran um sich versammelt, die in ihre Hymne einstimmen. Noch in diesem Jahr wird Celinas neues Album erscheinen.
Bei meinem Besuch in Berlin haben Celina und ich ihre Karriere Revue passieren lassen. Sie
hat mir erzählt, warum es für sie so wichtig war, irgendwann mit dem Backroundgesang
aufzuhören, wie sich als Mensch und Künstlerin über die Jahre entwickelt hat und wann sie
begann, ihr Stimme auch als Sprachrohr zu begreifen. Aber, keine Sorge, trotz vieler ernster
Themen, sind wir in dieser Folge erstaunlich albern. Es wurde sehr viel gelacht und auch ein
bisschen geweint. Noch ein wichtiger Hinweis vorab: Wie ihr euch wahrscheinlich bereits
denken könnt, spielen Rassismus und rassistische Diskriminierung in dieser Episode eine
zentrale Rolle – wenn euch dieses Thema in besonderer Weise betrifft, dann passt beim
Hören bitte auf euch auf.