Die Zeiten, in denen Musik nur dann zu hören war, wenn jemand zur gleichen Zeit am gleichen Ort musizierte, waren lange vor der Digitalität vorbei. Durch Digitalisierung haben sich aber die Produktion, das Verfügbarmachen und das Abspielen von aufgezeichneter Musik revolutioniert. Und damit auch der Musikmarkt: Längst ist im Prinzip jedes Stück in jedem Moment verfügbar, und das zumindest im Privaten praktisch kostenlos. Wo wir Musik als etwas Exklusives und Besonderes erleben wollen, müssen wir Gelegenheiten dazu bewusst und absichtsvoll schaffen. Mit der Möglichkeit ihrer Aufzeichnung und ihrer Verbreitung über Streaming-Plattformen hat sich aber nicht nur unser Verhältnis zu Musik als kulturellem Ereignis grundlegend verändert: Auch in der Musikproduktion selbst bringen Digitaltechnologien vielfältige Umwälzungen; eine Entwicklung, die von Musizierenden wie auch von Fans ganz unterschiedlich wahrgenommen, bewertet und aufgegriffen – oder auch vorangetrieben – wird.
Der Soziologe David Waldecker forscht und lehrt am Medienwissenschaftlichen Seminar der Universität Siegen und hat sich aus sozial- und kulturwissenschaftlicher Perspektive intensiv mit der Arbeit im Tonstudio befasst. Der Experte erklärt im Digitalgespräch den Stellenwert des Studios und seiner jeweiligen technischen Ausstattung für die Musikproduktion sowohl historisch wie auch im zeitgenössischen Kontext. Er beschreibt Möglichkeiten, die Digitalität bietet – sowohl für Hobby-Musikmachende, die nun eigene Projekte verwirklichen können, als Entlastung auch für professionelle Musiker:innen und Produzent:innen. Mit den Gastgeberinnen Marlene Görger und Petra Gehring diskutiert Waldecker, welches Spannungsverhältnis sich zwischen Digitalität und Authentizität ergeben kann, wie Digitaltechnologien unsere Hörgewohnheiten prägen und welchen Sinn die Unterscheidung „analog“ und „digital“ überhaupt haben kann, wenn wir über das Machen, Hören und Erleben von Musik sprechen.