Logo

    Innsbrucker Gender Lectures

    Die Innsbrucker Gender Lectures sind eine seit 2009 bestehende und öffentlich zugängliche Veranstaltungsreihe an der Universität Innsbruck, welche aktuelle Themen der Gender Studies aufgreift und aus unterschiedlichen Disziplinen und Perspektiven diskutiert. Seit Beginn der Veranstaltungsreihe werden die Vorträge aufgezeichnet und auf Radio FREIRAD ausgestrahlt. Die Innsbrucker Gender Lectures verstehen sich als Diskussionsforum, das es den Mitgliedern des Center Interdisziplinäre Geschlechterforschung Innsbruck (CGI) an der Universität Innsbruck und Genderforscher*innen aus dem In- und Ausland ermöglicht, brisante Themen in den Blick zu nehmen, unter geschlechterkritischer Perspektive zu diskutieren und sich über theoretische Grundlagen der inter- und multidisziplinären Geschlechterforschung auszutauschen. Darüber hinaus bieten die Innsbrucker Gender Lectures einem interessierten Publikum Einblick in die geschlechterkritische Forschung unterschiedlicher Disziplinen. Organisiert und veranstaltet vom Center Interdisziplinäre Geschlechterforschung Innsbruck der Universität Innsbruck.
    de69 Episodes

    People also ask

    What is the main theme of the podcast?
    Who are some of the popular guests the podcast?
    Were there any controversial topics discussed in the podcast?
    Were any current trending topics addressed in the podcast?
    What popular books were mentioned in the podcast?

    Episodes (69)

    81. Innsbrucker Gender Lecture mit Karin Neuwirth: De- und Re-Institutionalisierung von Elternschaft im Recht im 20. /21. Jahrhundert in Österreich

    81. Innsbrucker Gender Lecture mit Karin Neuwirth: De- und Re-Institutionalisierung von Elternschaft im Recht im 20. /21. Jahrhundert in Österreich

    Erst in den 1970er Jahren wurden die patriarchalen Vorrechte des Mannes im österreichischen Ehe- und Kindschaftsrecht beseitigt. Die Definition von Familie als verschiedengeschlechtliches, verheiratetes Paar mit Kindern blieb dabei unverändert. Gleichzeitig sah der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte auch unverheiratete Eltern und ihre Kinder vom grundrechtlichen Schutz des Rechts auf Familienleben erfasst, und seit Beginn des 21. Jh. bestätigt der EGMR dieses Recht auch für gleichgeschlechtliche Paare mit Kindern. Obwohl die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) in Österreich im Verfassungsrang steht, stieß das Parlament keine diesbezüglichen Rechtsreformen an. So musste der Verfassungsgerichtshof im Wege der Aufhebung gleichheitswidriger Normen Neuerungen erzwingen und unzulässige Diskriminierungen im Familienrecht beseitigen. Damit kam es 2013 zur endgültigen Überwindung der rechtlichen Unterscheidung zwischen in- und außerhalb einer Ehe geborener Kinder bzw. der Kinder von hetero- oder homosexuellen Eltern, weiters 2015 zur Reform des Fortpflanzungsmedizinrechts und schließlich 2019 zur Öffnung von Ehe und eingetragener Partnerschaft unabhängig von Geschlecht oder sexueller Orientierung. Aktuell wird – ebenfalls durch Spruch des VfGH veranlasst – eine Neuregelung des Abstammungsrechts vorbereitet, die die Fortpflanzungsfreiheit und die soziale Elternschaft stärken soll.

    Der Vortrag wird neben einer kurzen Darstellung dieser Entwicklungen insbesondere der Frage nachgehen, ob nunmehr alle Eltern-Kind-Verhältnisse bzw. das Rechtsinstitut Familie diskriminierungsfrei geregelt sind oder weitere Reformen notwendig wären. Grundsätzlich geht der österreichische Gesetzgeber von einer Zwei-Eltern-Familie als Grundmodell aus und das Verbot der Leihmutterschaft soll weiterhin aufrecht bleiben, was sowohl Frauen als auch Männer in bestimmten Konstellationen hinsichtlich ihrer Reproduktionsfreiheit ungleich behandelt. Behörden und Gerichte anerkennen durch Bestätigung ausländischer Abstammungsnachweise zwar den faktischen Fortpflanzungstourismus und erleichtern so die reale und rechtliche Lage etlicher Familien; Rechtsgarantien bestehen jedoch nicht. Auch in Zusammenhang mit Adoptionen oder sogenannten Co-Parenting-Vereinbarungen müssen die Gerichte immer wieder tätig werden, und Stiefeltern- und Patchwork-Familien sind gesellschaftliche Realität. Wäre es somit juristisch nur konsequent, Elternschaft tatsächlich neu zu denken und zu fordern, dass mehr als zwei Personen rechtliche Eltern eines Kindes sein können?

    Karin Neuwirth, Dr.in iur., ist wissenschaftliche Mitarbeiterin und stellvertretende Institutsvorständin am Institut für Legal Gender Studies an der Johannes Kepler Universität Linz (JKU). Sie ist in der universitätspolitischen Gleichbehandlung engagiert und Vorsitzende der Schiedskommission der JKU, Mitglied der interdisziplinären Sektion Familienforschung der Österreichischen Gesellschaft für Soziologie sowie Mitglied der Österreichischen Gesellschaft für Geschlechterforschung.

    Ihre Forschungsschwerpunkte sind Antidiskriminierungsrecht, Geschlechterverhältnisse und (historisches) Familienrecht.

    Veröffentlichungen zum Thema der Lecture:

    • Vater, Mutter, Elternteil – und wer weiter? iFamZ 2023, 6–8;
    • Vom Ehekonzept des ABGB zur Pluralität familiärer Lebensformen, in Ulrich/Greif/Neuwirth (Hrsg), Kritisches Rechtsdenken I. Von der feministischen Rechtsgeschichte zu Legal Gender Studies (2020) 209–245;
    • Elternschaft neu oder wie viele Elternteile braucht ein Kind? Blogbeitrag in Junge Wissenschaft im Öffentlichen Recht, https://www.juwiss.de/52-2015/.

    Kommentar: Caroline Voithofer, Institut für Theorie und Zukunft des Rechts, Universität Innsbruck
    Moderation: Monika Niedermayr, Institut für Zivilrecht, Universität Innsbruck

    80. Innsbrucker Gender Lecture mit Susanne Schulz

    80. Innsbrucker Gender Lecture mit Susanne Schulz

    Die Politik des Kinderkriegens

    Feministische Perspektiven auf demografische Krisennarrative und dis/reproduktive Technologien

    Zu viel Bevölkerung oder zu wenig? Wer soll Kinder bekommen und wer vom Gebären abgehalten werden? Und welche Kinder sollen geboren werden und welche lieber nicht?

    Kinderkriegen ist eingebunden in mächtige Regierungsstrategien, die auf Körper und Bevölkerungen abzielen. Auch heute gibt es weiter ein malthusianisches Denken, das fast alle Krisen unserer Zeit zu Bevölkerungsproblemen umdeutet. Dies zeigt sich in einer „demografisierten“ Klimadebatte ebenso wie in repressiven globalen Verhütungsprogrammen. Der Status quo von sozialer Ungleichheit, Rassismus und globaler Zerstörung bleibt dabei unberührt. Es ist insofern wichtig, das demografische Denken zu sezieren – auch in Bezug auf deutsche Kinderwunsch-, Familien- und Migrationspolitik.

    Susanne Schultz forscht zu Bevölkerungspolitik und Machtverhältnissen im Bereich der Reproduktion und der Humangenetik. Sie ist Beirätin des Gen-ethischen Netzwerks e.V. Berlin und Mitglied des Herausgeber*innenkollektives Kitchen Politics.

    Ihr aktuelles Buch heißt: Die Politik des Kinderkriegens. Zur Kritik demografischer Regierungsstrategien (transcript: Bielefeld 2022).

     

    79. Innsbrucker Gender Lecture mit Bet­tina Bock von Wül­fin­gen

    79. Innsbrucker Gender Lecture mit Bet­tina Bock von Wül­fin­gen

    Zeugung unter dem Mikroskop 1850er bis 1900

    Wie zwischen Biologie und Bürgerlichem Gesetzbuch die moderne Kleinfamilie entstand und das Problem der Erbschaft löste

    Wenn Spermium und Eizelle sich bei der Zeugung vereinigen, geben beide ihr Erbmaterial an den Embryo weiter. Dieser seinerzeit revolutionäre biologische Befund von 1875 hatte weitreichende Folgen, nicht zuletzt für das Erb- und Familienrecht. Denn aus der Erkenntnis, dass väterliche und mütterliche Anteile an die Nachkommen weitergegeben werden, resultierten politische Fragen der Gleichberechtigung und der Verteilungsgerechtigkeit.
    Solche Themen waren speziell im Deutschen Kaiserreich virulent, als zwischen 1870 und 1900 das Bürgerliche Gesetzbuch entstand. Das BGB legte die Grundlage für das Verständnis von Familie als biologischer Einheit, Wirtschaftsgemeinschaft und von geschlechtlicher Arbeitsteilung, wie sie bis in das 21. Jahrhundert hinein wirksam geblieben ist.

    Bettina Bock von Wülfingen ist freiberufliche Kulturwissenschaftlerin mit dem Schwerpunkt Geschichte der Lebenswissenschaften. Sie war 2021/2022 für ein Jahr Vertretungsprofessorin für Historische Wissenschaftsforschung an der Universität Bielefeld und im Anschluss Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Kulturanthropologie/Europäische Ethnologie (KA/EE) der Universität Münster. Sie ist Vorstandsmitglied der Gesellschaft für Geschichte der Wissenschaften, der Medizin und der Technik (GWMT).

    Kommentar: Flavia Guerrini, Institut für Erziehungswissenschaften, Universität Innsbruck
    Moderation: Ina Friedmann, Institut für Zeitgeschichte, Universität Innsbruck

    78. Inns­bru­cker Gen­der Lec­ture mit Katha­rina Klapp­heck

    78. Inns­bru­cker Gen­der Lec­ture mit Katha­rina Klapp­heck

    Disabled Protocols. Politiken der Unmöglichkeiten.

    Katharina Klappheck, Gunda Werner Institut, Heinrich Böll Stiftung

    Künstliche Intelligenz (KI) als digitale Infrastruktur ruft Fragen nach ihrer Produktionsweise auf. Wer stellt scheinbar unsichtbare Techniken her? Auf welchen materiellen Begebenheiten fußen sie? Wer bezahlt für ihren Einsatz?

    In diesem Vortrag möchte ich diesen Fragen aus einer behinderten Perspektive nachgehen. Meine These dabei lautet, dass Behinderung eine Möglichkeitsbedingung von KI ist. Dabei reichen diese Verwurzelungen von den Anfängen der Wissenschaftsdisziplinen bis in die Gegenwart. Bereits Donna Haraway verwies in den 80iger Jahren auf die nicht zu trennende Geschichte von Behinderung im 20. Jahrhundert und die neuaufkommenden Informationstechnologien.

    Behinderung, so die These, ist dabei immer die Grenze von KI, etwas was sowohl das Scheitern dieser Technologie, als auch ihre vermeintlichen Erfolge als transhumanes Artefakt symbolisiert. Einerseits ist Behinderung der Moment, den KI versucht zu überkommen, die scheinbare menschliche Schwäche, das Imperfekte, anderseits ist Behinderung innerhalb des Produktionsfeldes KI eine der lukrativsten Schnittstellen von Mensch und Technologie, wie smarte Prothesen oder verhaltensregulierende Apps für neuroqueere Menschen.

    Aus dieser Ambivalenz ergeben sich sowohl Momente der Unterdrückung als auch subversives Potential. So ermöglichen Schnittstellen immer auch das Hacken dieser vorweg. Die Möglichkeit zu einer anderen Welt bildet dabei den kritischen Fluchtpunkt für Überlegungen hinsichtlich alternativer Designs und Politiken digitaler Infrastrukturen.

     

    Kurzbiographie

    Katharina Klappheck M.A. ist behinderte Politikwissenschaftler*in.

    They beschäftigt sich mit Behinderung, Queernes und KI, sowie Design als Politik.

    Katharina Klappheck arbeitet hierzu unter anderem an der Technischen Universität Dresden und dem deutschen Bundestag.

    Momentan ist Katharina Klappheck Head of Feminist Internet Policy am Gunda Werner Institut der Heinrich Böll Stiftung.

     

    Moderation: Lisa Pfahl, Institut für Erziehungswissenschaft, Universität Innsbruck

     

    Kommentar: Katta Spiel, Research Unit for Human Computer Interaction, Technische Universität Wien
    Katta Spiel ist derzeit FWF Hertha-Firnberg Post-Doc an der HCI Group der Technischen Universität Wien, mit dem Projekt “Exceptional Norms: Marginalised Bodies in Interaction Design”.

    Im Rahmen der Dissertation hat Katta die Erfahrungen autistischer Kinder in technologischen Zusammenhängen untersucht und ein Konzept für Partizipative Evaluation entwickelt.

    Katta verfügt über eine Grundausbildung in Medienkultur (B.A.), Mediensystemen (B.Sc.) sowie einen Master in Computer Science and Media (M.Sc.) welche an der Bauhaus Universität Weimar absolviert wurden und hat das Doktorat im Bereich Mensch Maschine Interaktion 2018  an der TU Wien abgeschlossen.

    Katta beschäftigt sich mit marginalisierten Perspektiven auf Technologie um kritisches Design und Technologiegestaltung zu informieren. Diese Arbeit spielt sich an der Schnittstelle von Informatik, Design und Kritischer Theorie ab. Dabei bezieht sich Katta auf Methoden des (Kritischen) Partizipativen Designs sowie Action Research. Kollaborationen mit neurodivergenten und/oder nicht-binären Personen haben dabei schon Erkundungen von neuwertigen Potentialen für Design, methodischen Entwicklungen in der Mensch-Maschine Interaktion sowie innovativen technologischen Artefakten geführt.

    Hannah Fitsch: Extreme brains. Körpernormierungen, neue Bezüglichkeiten und Subjektivierungsweisen des Digitalen am Beispiel der Neurowissenschaften.

    Hannah Fitsch: Extreme brains. Körpernormierungen, neue Bezüglichkeiten und Subjektivierungsweisen des Digitalen am Beispiel der Neurowissenschaften.

    Der Vortrag stellt die historische Entwicklung einer Mathematisierung der Wahrnehmung (Fitsch 2022) vor und zeigt auf, wie sich deren vermessenden und probabilistischen Logiken mittels Digitalisierung in gegenwärtige Körpernormierungen und Subjektivierungsweisen einschreiben konnten. Den Wunsch, das komplexe Gefüge von Körpern, Gehirnen und Denkprozessen zu formalisieren gibt es schon seit Jahrhunderten. Durch die Implementierung einer mathematischen Logik in binäre/informatische Technologien des Digitalen und künstlicher Intelligenz, konnten epistemologische Methoden und Modelle aus der Mathematik und der Informatik Eingang in die Neurowissenschaften, die Ideen des Denkens und dem Konzept des freien Willens erhalten.

    Hannah Fitsch (Dr. phil.) ist feministische Wissenschafts- und Techniksoziologin mit Schwerpunkt auf Neurowissenschaften, Digitalisierung, (Technik-)Museen, Bildwissen/ Bildpraktiken, Ästhetik und feministischer Theorie.

    Zusätzlich zu ihren theoretischen Forschungsarbeiten sucht Hannah Fitsch immer auch nach anderen Ausdrucks- und Vermittlungsformaten, etwa in Museen, im Theater, als Video-, Audio- und/oder visuelle Arbeiten.

    2022 erhielt sie den Emma Goldmann Snowball Award.

    Aktuell erschienen:
    „Die Schönheit des Denkens. Über die Mathematisierung der Wahrnehmung am Beispiel der Computational Neurosciences.“, Transcript-Verlag/open access.
    „Der Welt eine neue Wirklichkeit geben. Feministische und queertheoretische Interventionen“ (gemeinsam mit Greusing, I., Kerner, I., Meißner, H., Oloff, A.), Transcript-Verlag/open access.

    Kommentar: Denise Bergold-Caldwell, Center Interdisziplinäre Geschlechterforschung Innsbruck, Universität Innsbruck
    Moderation: Verena Sperk, Institut für Erziehungswissenschaft, Universität Innsbruck

    Bianca Prietl: Das Geschlecht der Datafizierung. MachtWissen im digitalen Zeitalter

    Bianca Prietl: Das Geschlecht der Datafizierung. MachtWissen im digitalen Zeitalter

    Digitale Datentechnologien wie algorithmische Entscheidungssysteme oder Künstliche Intelligenz halten in immer mehr Bereiche der Gesellschaft Einzug und beeinflussen hier, wie und was wir wissen (können). Die damit einhergehenden Verschiebungen in der gesellschaftlichen Wissensordnung sind – so die These dieses Vortrags – nicht geschlechtsneutral. Vielmehr ist der in digitalen Datentechnologien verobjektivierte, datafizierte und datafizierende Zugriff auf die (soziale) Welt gesellschaftlich höchst voraussetzungsvoll wie folgenreich. Im Zentrum des Vortrags steht deshalb die Frage, welche Weltzugänge, Wahrheitsregime und Denkformen mit digitalen Datentechnologien verknüpft sind, wie diese die Verfahren, Subjekte und Möglichkeiten von Erkenntnis regulieren und in diesem Sinne als zugleich machtförmig wie machtvoll verstanden werden können.

    Die im Anschluss an Foucault aufgeworfene Frage nach dem MachtWissen im digitalen Zeitalter leistet einen Beitrag zur Geschlechteranalyse aktueller digitaler Transformationen, unter Fokussierung auf das wechselseitig konstitutive Verhältnis von Technik, Macht und Wissen. Damit geht es weder zentral um Frauen und ihre Karrierechancen im Zuge der Digitalisierung, noch um die diskursprägende Auseinandersetzung über sexistische oder rassistische Biases. Stattdessen wird die Aufmerksamkeit auf die viel grundlegendere Frage gerichtet, wie eine auf digitale Datentechnologien gründende Wissensordnung überhaupt verfasst ist und was dies für unsere Möglichkeiten des in der Welt Seins – gerade aus einer an Geschlechterverhältnissen interessierten Machtperspektive – bedeutet. Denn: Wer sich an der Produktion von Wissen beteiligen kann, wessen ‚Stimme Gewicht hat‘ und welche Instrumente – seien sie kognitiver oder materieller Art – dafür legitimerweise zur Verfügung stehen, ist nicht unabhängig von der gesellschaftlichen Geschlechterordnung, sondern zutiefst mit der historisch etablierten strukturell-symbolischen Dominanz des Verhältnisses von Technik und Männlichkeit verflochten. Wie sich das Zusammenspiel von Wissen, Macht und Technik im Kontext aktueller Digitalisierungsbestrebungen gestaltet, neu festzieht, lockert oder gar löst, möchte ich im Rahmen dieses Vortrags sondieren.

     

    Bianca Prietl ist habilitierte Soziologin und als Professorin für Geschlechterforschung mit Schwerpunkt Digitalisierung an der Universität Basel tätig.

    Ihre Forschungsinteressen entfalten sich an der Schnittstelle von Frauen- und Geschlechterforschung einerseits und Wissenschafts- und Technikforschung andererseits. Rezente Forschungsthemen umfassen die akademische Institutionalisierung von Data Science und damit verbundene Verschiebungen in der gesellschaftlichen Wissensordnung, Männlichkeitskonstruktionen der Digitalen Avantgarde, Feministische Kritik an big data, algorithmischen Entscheidungssystemen und maschinellem Lernen.

    Kommentar:

    Silvia Rief, Institut für Soziologie, Universität Innsbruck

    Moderation:

    Flavia Guerrini, Center Interdisziplinäre Geschlechterforschung Innsbruck und Institut für Erziehungswissenschaft, Universität Innsbruck

    Ricarda Drüeke – „Dissonante Öffentlichkeiten: Digital vernetzte Medien und rechte Akteur:innen“

    Ricarda Drüeke – „Dissonante Öffentlichkeiten: Digital vernetzte Medien und rechte Akteur:innen“

    75. Inns­bru­cker Gen­der Lec­ture mit Ricarda Drüeke

    „Dissonante Öffentlichkeiten: Digital vernetzte Medien und rechte Akteur:innen“

    Ricarda Drüeke – Fachbereich Kommunikationswissenschaft, Universität Salzburg

    Mein Beitrag beleuchtet mittels welcher digitalen Medienstrategien rechte Akteur:innen die „Grenzen des Sagbaren“ ausweiten und sich affektiver Formen sowie Teilöffentlichkeiten bedienen. Ich greife dabei drei Strategien heraus: Diskurspiraterie und Mimikry als Aneignung von Themen und Symbolen feministischer und demokratischer Bewegungen. Als Hijacking werden die Umdeutungen durch antifeministische und rechte Akteur*innen von queer_feministischen Hashtags und Inhalten bezeichnet. Diese Strategie verdeutliche ich am Beispiel von #metoo und #120db. Die Ausweitung des Sagbaren findet insbesondere durch Abwanderung ins sogenannte „Dark Net“ statt; ein Beispiel dafür liefert die Plattform Telegram.

    Diskutieren möchte ich dabei, wie wir mit der Dynamik digitaler Medien umgehen könnten, gerade in Bezug auf entsolidarisierende und exkludierende Kommunikationsformen und -foren sowie welchen Stellenwert solch dissonante Öffentlichkeiten für Fragen der Demokratiegestaltung haben.

    Ricarda Drüeke ist habilitierte Assoziierte Professorin am Fachbereich Kommunikationswissenschaft der Universität Salzburg und Co-Leiterin des Programmbereichs Zeitgenössische Kunst und Kulturproduktion der interuniversitären Einrichtung Wissenschaft und Kunst.

    Sie forscht und lehrt zu Inklusions- und Exklusionsprozessen in und durch Medien, digitalen Öffentlichkeiten (insbesondere mit einem Schwerpunkt auf Protestartikulationen und -bewegungen sowie Dynamiken der Empörung am Beispiel von Hate Speech) sowie im Bereich Gender Media Studies.

    In ihrer Habilitation beschäftigte sie sich mit queer_feministischem Aktivismus mittels digitaler Medien unter Berücksichtigung der Ausdifferenzierung von Öffentlichkeiten.

    Kommentar: Matthias Kettemann, Institut für Theorie und Zukunft des Rechts, Universität Innsbruck
    Moderation: Judith Goetz, Institut für Erziehungswissenschaft, Universität Innsbruck

    Mira Wallis: „Digitale Plattformen, Arbeit und die Krise der sozialen Reproduktion.“

    Mira Wallis: „Digitale Plattformen, Arbeit und die Krise der sozialen Reproduktion.“

    Der Vortrag beleuchtet den Zusammenhang zwischen der Verbreitung digitaler Plattformen, der Transformation von Arbeit und Krisen der sozialen Reproduktion.

    Im Bereich der sozialen Reproduktion kommt es seit Jahren zu vielfältigen Krisenerscheinigungen, von der Aushöhlung der öffentlichen Daseinsvorsorge, Versorgungslücken, zunehmender Vermarktlichung und Privatisierung bis hin zu Überlastung und abnehmenden finanziellen und zeitlichen Ressourcen im ‘Privaten’. Diese multiplen Krisen der sozialen Reproduktion bieten Plattformunternehmen ein profitables Geschäftsfeld. Helpling, Lieferando, Care.com, Airbnb und viele weitere Plattformen stellen heutzutage Dienstleistungen aus zentralen Feldern der sozialen Reproduktion mit wenigen Klicks zur Verfügung. Ob Gesundheitsversorgung, Ernährung oder Kinderbetreuung – digitale Plattformen transformieren nicht nur Produktionsverhältnisse, sondern intervenieren auch direkt oder indirekt in die gesellschaftliche Re-Organisation sozialer Reproduktion und die vergeschlechtlichte Arbeitsteilung.

    Der erste Teil des Vortrags liefert eine Einführung in die zentralen Charakteristika der Plattformökonomie und skizziert, auf welche Entwicklungen im Bereich der sozialen Reproduktion Plattformen reagieren, an welche Krisen sie anknüpfen und welche Transformationsprozesse sie befördern. Im zweiten Teil des Beitrags wird dieser theoretische Zusammenhang beispielhaft anhand eines Teilbereichs der Plattformökonomie, heimbasierter digitaler Arbeit auf sogenannten Crowdwork-Plattformen, weiter ausgeführt. Abschließend wirft der Vortrag die Frage auf, inwiefern diese neue Form der Arbeit auch auf ein neues Reproduktionsregime verweist.

    Mira Wallis ist wissenschaftliche Mitarbeiterin und Promovendin am Institut für Europäische Ethnologie und am Berliner Institut für empirische Integrations- und Migrationsforschung (BIM) der Humboldt-Universität zu Berlin. Von 2018 bis 2022 arbeitete sie im DFG-geförderten Forschungsprojekt „Digitalisierung von Arbeit und Migration“. Das Projekt beschäftigte sich mit der Rolle digitaler Plattformen bei der Transformation von Arbeit, sozialer Reproduktion und Mobilität/Migration. Der Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt auf ortsungebundener Plattformarbeit (sog. Crowdwork), die sie als eine neue Form digitaler Heimarbeit in Deutschland und Rumänien untersucht. Gemeinsam mit Moritz Altenried und Julia Dück gab sie 2021 den Sammelband Plattformkapitalismus und die Krise der sozialen Reproduktion heraus.

    Kommentar:

    Carla Ostermayer, Doktoratskolleg „Geschlecht und Geschlechterverhältnisse in Transformation: Räume – Relationen – Repräsentationen“, Universität Innsbruck

    Moderation:

    Zoe* Steinsberger, Center Interdisziplinäre Geschlechterforschung Innsbruck und Doktoratskolleg „Geschlecht und Geschlechterverhältnisse in Transformation: Räume – Relationen – Repräsentation“, Universität Innsbruck

    Lisa Nakamura: „Histories of Online Racism and Gendered Harassment: Women of Color Digital Diversity Work as Community Defense.“

    Lisa Nakamura: „Histories of Online Racism and Gendered Harassment: Women of Color Digital Diversity Work as Community Defense.“

    This talk traces the history of women of color’s participation in online gaming forums, anti-racist social media posts, and Zoom meetings as examples of community defense. Black and Latinx female Xbox players who engage in „resistance griefing,“ to use game scholar Kishonna Gray’s formulation, Generation Z women who post video documentation of their encounters with racism and xenophobia in public places, and women of color resisting racist zoombombing share an understanding of their efforts as digital diversity work. This talk argues that women of color online were engaging in community defense models as alternatives to traditional policing and the carceral state years before the mainstream left in the U.S. deployed them as part of a populist politics.

    Lisa Nakamura is the Gwendolyn Calvert Baker Collegiate Professor in the Department of American Cultures at the University of Michigan, Ann Arbor. Lisa Nakamura is a member of the DISCO (Digital Inquiry, Speculation, Collaboration, and Optimism) Network along with André Brock, Stephanie Dinkins, Rayvon Fouché, Catherine Knight Steele, and Remi Yergeau. She is also the founding Director of the Digital Studies Institute at the University of Michigan and has been writing about digital media, race, and gender since 1994. Lisa Nakamura wrote books and articles on digital bodies, race, and gender in online environments, on toxicity in video game culture, and the many reasons that Internet research needs ethnic and gender studies. In November 2019 she gave a TED NYC talk about her research called “The Internet is a Trash Fire. Here’s How to Fix It.”

     

    Comment:

    Doris Allhutter, Institute of Technology Assessment, Austrian Academy of Sciences

    Moderation:

    Levke Harders, Center Interdisziplinäre Geschlechterforschung Innsbruck (CGI) und
    Institut für Geschichtswissenschaften und Europäische Ethnologie

    Maria San Filippo: „Full-Frontal Feminism: Sex Scenes in Jane Campion’s Turn of the Millennium Trilogy“

    Maria San Filippo: „Full-Frontal Feminism: Sex Scenes in Jane Campion’s Turn of the Millennium Trilogy“

    This talk regards Jane Campion’s exemplary approach to crafting sex scenes in ways that confront gendered dynamics of power and (visual) pleasure, focusing on the trio of films Campion chose to make in the wake of receiving global acclaim for The Piano (1993). Viewing The Portrait of a Lady (1996), Holy Smoke! (1999), and In the Cut (2003) as an unofficial trilogy, considered within the entwined contexts of pre-/post-9/11 gender anxiety and surveillance culture and of feminist genre revisionism, I explore how these works encapsulate Campion’s singular approach to screening sex.

    Maria San Filippo is a 2021-22 Fulbright U.S. Scholar in the Department of American Studies at Universität Innsbruck. She is Associate Professor of Visual and Media Arts at Emerson College and Editor of New Review of Film and Television Studies. She authored the Lambda Literary Award-winning The B Word: Bisexuality in Contemporary Film and Television (2013) and Provocauteurs and Provocations: Screening Sex in 21st Century Media (2021), both published by Indiana University Press, and edited the collection After “Happily Ever After”: Romantic Comedy in the Post-Romantic Age (Wayne State University Press, 2021). Her Queer Film Classics volume on Desiree Akhavan’s Appropriate Behavior (2014) is forthcoming in fall 2022 from McGill-Queen’s University Press.

    Comment:
    Christian Quendler, Department of American Studies, University of Innsbruck

    Moderation:
    Cornelia Klecker, Department of American Studies, University of Innsbruck

    Denise Bergold-Caldwell: „Die Kolonialität von Geschlecht: Perspektiven auf Subjektivierungen in (post-)kolonialen Ordnungen“

    Denise Bergold-Caldwell: „Die Kolonialität von Geschlecht: Perspektiven auf Subjektivierungen in (post-)kolonialen Ordnungen“

    Die Kolonialität der Macht (Quijano 2002) zeigt sich auch und in besonderem Maße im Bezug auf Geschlecht (Lugones 2016). Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass nicht nur der vergeschlechtlichte und rassifizierte Körper durch diese Macht hervorgebracht wird, sondern auch der Ort und der Kontext wirken auf die Entfaltung dieser Macht. In Deutschland wurde die Verwicklung in den Kolonialismus lange nicht beachtet und Rassismus wird als strukturelles Problem geleugnet (vgl. Mecheril 2010). Diesen Verstrickungen in den Kolonialismus bis in die Gegenwart und der Unsichtbarmachung von kolonialen Kontinuitäten werden in dem Vortrag anhand vergeschlechtlichter und rassifizierter Subjektivierungsprozesse nachgegangen. Dazu analysiere ich die Erfahrungen von Mora – einer Schwarzen Frau – mit einem sexualisierten Übergriff in einer deutschen Kleinstadt und zeige, warum sich dieser als Reaktualisierung von kolonialem Begehren und kolonialer Herrschaft verstehen lässt. Es wird verdeutlicht, wie die Vergangenheit von Versklavung und Kolonialismus in einem Modus der sprachlichen Reaktualisierung erneut hervortritt und die ‚Vergangenheit‘ als Präsenz im Hier und Jetzt immer eine Rolle spielen kann.

    Dr.in phil. Denise Bergold-Caldwell ist Bildungs- und Erziehungswissenschaftlerin und lehrt mit einem Schwerpunkt auf post- und dekoloniale Bildungsprozesse. Neben zahlreichen Publikationen in den Bereichen der Gender- und Queerstudies, des Antifeminismus, der Migrationspädagogik und der interkulturellen Bildung und Erziehung ist 2020 die Monographie „Schwarze Weiblich*keiten. Intersektionale Perspektiven auf Bildungs- und Subjektivierungsprozesse“ erschienen. Im Jahr 2021 war sie zusammen mit Vanessa E. Thompson und Christine Löw Herausgeberin des Heftes Feminina Politica (2/2021): Schwarze Feminismen. Von 2019 bis 2022 war sie wissenschaftliche Referentin am Zentrum für Gender Studies und feministische Zukunftsforschung der Philipps-Universität Marburg Seit 1.4.2022 ist Denise Bergold-Caldwell Universitätsassistentin (Post-Doc) am Center Interdisziplinäre Geschlechterforschung Innsbruck (CGI).

    Kommentar:
    Sushila Mesquita, Referat Genderforschung, Universität Wien

    Dr.x Sushila Mesquita arbeitet im Referat Genderforschung der Universität Wien und unterrichtet, forscht und publiziert zu rassismuskritisch_intersektional_queer_feministisch_post_dekolonialen Ansätzen und Themen. Sushila ist an der Herstellung von VerLern- und BIPoC Empowerment-Räumen interessiert und tut dies zur Zeit unter anderem als Teil des Kollektivs we-dey und als selbstständige_r Schreibcoach.

    Moderation:
    Gundula Ludwig, CGI- Center Interdisziplinäre Geschlechterforschung Innsbruck, Universität Innsbruck

    Ilse Hartmann-Tews: „Soziale Konstruktion von Geschlecht im Sport“

    Ilse Hartmann-Tews: „Soziale Konstruktion von Geschlecht im Sport“

    Der Sport ist ein Sozialsystem, das angesichts seiner auf den Körper und die Steigerung körperlicher Leistungen ausgerichteten generalisierten Handlungsorientierung einen besonderen Resonanzboden für die soziale Konstruktion von Geschlecht darstellt. Die Handlungsorientierung prädisponiert die Aktualisierung traditioneller Geschlechterdifferenzierung, zumal die Körper und unterschiedliche Leistungsfähigkeit der Sportler und Sportlerinnen quasi als eine visuelle Empirie der natürlichen Unterschiede zwischen den Geschlechtern erscheinen. Der Vortrag wird exemplarisch einige Prozesse und institutionelle Arrangements der Konstruktion von Geschlecht aufzeigen und darüber hinaus auf die Rolle der Sportberichterstattung eingehen, die ebenso an der Stabilisierung der heteronormativen Geschlechterordnung beteiligt ist.


    Ilse Hartmann-Tews

    Prof. Dr. Ilse Hartmann-Tews ist Professorin für Soziologie und Sportsoziologie an der Deutschen Sporthochschule Köln und dort Leiterin des Instituts für Soziologie und Geschlechterforschung. Nach der Promotion in Soziologie an der Universität zu Köln (UzK) habilitierte sie an der Deutschen Sporthochschule Köln (DSHS) zu der Thematik des Strukturwandels von Sportsystemen und der Realisierung der Europäischen Charta ‚Sport für für Alle‘. 1997 erhielt sie den Ruf auf die Professur für ‚Frauenforschung im Sport‘, SS 2012 war sie Aigner-Rollet Gastprofessorin an der Karl-Franzens-Universität in Graz. Schwerpunkte in der Forschung sind Analysen zur medialen Konstruktion von Geschlecht in der Sportberichterstattung, zur geschlechtsbezogenen somatischen Kulturen im Kontext von Sport und Alter(n), zu den Rahmenbedingungen sexualisierter Gewalt im Sport und zu der Situation von LSBTI* Personen im Sport.

     

    Kommentar:
    Anika Frühauf, Institut für Sportwissenschaft, Universität Innsbruck

    Moderation:
    Linda Rausch, Institut für Sportwissenschaft, Universität Innsbruck

    Eva Zedlacher: „Anschreien, ausgrenzen, Gerüchte streuen – was Missverhalten am Arbeitsplatz mit Gender zu tun hat“

    Eva Zedlacher: „Anschreien, ausgrenzen, Gerüchte streuen – was Missverhalten am Arbeitsplatz mit Gender zu tun hat“

    Anders als bei sexueller Belästigung am Arbeitsplatz gibt es Phänomene von Missverhalten, die zumindest am ersten Blick wenig mit Geschlecht zu tun haben. In dieser Vorlesung zeigt Eva Zedlacher, ob und warum die Wahrnehmung vieler Verhaltensweisen bei der Arbeit wie zum Beispiel Anschreien oder sozialer Ausschluss ebenso vergeschlechtlicht sind. Vorläufige Ergebnisse eines visuellen Experiments, bei dem das Geschlecht der Schauspieler*nnen manipuliert wurde, werden präsentiert.

    Eva Zedlacher

    Dr. Eva Zedlacher ist Assistant Professor of Management an der Webster Universität in Wien. Vor und nach ihrem Doktoratsstudium an der TU Wien arbeitete sie im Bereich Organisationsentwicklung in zwei großen österreichischen Konzernen. Sie beschäftigt sich in ihrer Forschung seit einigen Jahren mit dem Thema Mobbing am Arbeitsplatz aus einer Geschlechterperspektive. In einem laufenden Forschungsprojekt untersucht Eva Zedlacher die Rolle des Geschlechts der Akteur*Innen bei Mobbingbeschwerden, und wie man Beobachter*innen mittels eines interaktiven Trainingsfilms sensibilisieren kann, frühzeitig einzugreifen. Dieses Projekt wird durch den Projektfonds 4.0 der Arbeiterkammer Niederösterreich gefördert.

    Kommentar:
    Heike Welte, Institut für Organisation und Lernen, Universität Innsbruck

    Moderation:
    Manfred Auer, Institut für Organisation und Lernen, Universität Innsbruck

    Jin Haritaworn: „Von Corona-Rassismus zu Abolitionismus: Queere Präfigurationen jenseits des racial Kapitalismus“

    Jin Haritaworn: „Von Corona-Rassismus zu Abolitionismus: Queere Präfigurationen jenseits des racial Kapitalismus“

    Die Corona-Pandemie wirft die Frage, was uns sicher macht, erneut ins Visier. Die Krise gibt dem Staat präzedenzlose Möglichkeiten, Grenzen zu schließen, nicht-weiße Menschen als Regelbrecher*innen zu profilieren, und queere Wahlfamilien erneut zu kriminalisieren. Dies zeigt zugleich, dass Rechte und öffentliche Sicherheit nie abstrakt und universell sind. Die nahezu absolute Macht des Staates über das öffentliche und private Leben betrifft vor allem Menschen, die nicht automatisch unter seinen Schutz fallen, sondern im Gegenteil immer bereits ein Risiko darstellen, das gemanagt werden muss. Neben der Verschärfung bestehender Gewaltverhältnisse bietet die Pandemie daher auch einen Schlüsselmoment für die Transformation der Sicherheit und die Schaffung von Alternativen, die über den karzeralen Staat hinausgehen. Im Vortrag untersucht Jin Haritaworn dies anhand von Interviews mit Menschen in Berlin, die in selbst-organisierten politischen Umfeldern aktiv sind, wo Corona-Sicherheit auf vielfältige Weise diskutiert und praktiziert wird: vom kreativen Umgang mit den staatlichen Corona-Regeln, die das Monopol der weißen, cis-heteronormativen Kernfamilie auf staatliche Legitimität festschreiben, zur Bildung von queer of Colour Pods, Bubbles und Care-Kollektiven, wo individuelle und kollektive Sicherheit jenseits staatlicher Sanktionierung praktiziert wird, zur Organisation von antirassistischen Protesten, wo der öffentliche Raum zurückerobert und die Frage der kollektiven Sicherheit von Grund auf neu verhandelt wird.

    Jin Haritaworn

    Prof. Dr. Jin Haritaworn ist Associate Professor für Gender, Race and Environment an der York University in Toronto, Kanada. Jin verortet sich in der Tradition einer aktivistischen Wissenschaft, die versucht, im Dienste sozialer Bewegungen zu stehen. Zu Haritaworns Veröffentlichungen gehören Monographien (u.a. Queer Lovers and Hateful Others: Regenerating Violent Times and Places), zahlreiche Artikel (in Zeitschriften wie GLQ, Sexualities, sub\urban, Society&Space und Topia) und mehrere kollaborative Sammelbänder (darunter Queer Necropolitics, Queering Urban Justice und Marvellous Grounds). Jin hat auf beiden Seiten des Atlantiks in diversen Feldern grundlegende Beiträge geleistet, darunter in Gender-, Sexualitäts- und Transgender-Studien, Critical Race/Ethnic Studies und Stadtforschung, und hat verschiedene Konzepte und Debatten mitgeprägt, u.a. Intersektionalität, transnationale und postkoloniale Sexualitäten, Gentrifizierung, Queer Space, Kriminalisierung, Homonationalismus und Queer-of-Colour-Kritik und -Archive.

    ***

    67. Innsbrucker Gender Lecture am 12. Oktober 2021

    Kommentar:
    Vanessa E. Thompson, wissenschaftliche Mitarbeiter*in, Kulturwissenschaftliche Fakultät Europa-Universität Viadrina Frankfurt/Oder

    Vanessa E. Thompson ist wissenschaftliche Mitarbeiterin in der komparativen Sozial- und Kulturanthroplogie an der Europa-Universität Viadrina Frankfurt/Oder und incoming assistant professor in Black Studies am Department für Gender Studies an der Queen’s University, Kanada. Sie forscht und lehrt im Bereich der Black Studies (mit besonderem Fokus auf Schwarze soziale Bewegungen und Schwarzen Feminismus), kritischen Rassismus- und Migrationsforschung, transnational feministische Theorien und Praktiken, Polizeikritik und Abolitionismus. Sie hat zu Schwarzen radikalen Theorien und Bewegungen in Frankreich und Europa, Schwarzen abolitionistischen Kämpfen und Fanons Arbeiten publiziert. Sie ist Mitgründerin eines intersektionalen cop-watch Kollektivs, Mitglied in der Internationalen Unabhängigen Kommission zur Aufklärung über den Tod des Oury Jalloh, und ist in internationalen abolitionistischen Bewegungen engagiert.

    Moderation:
    Gundula Ludwig, Professor*in für Sozialwissenschaftliche Theorien der Geschlechterverhältnisse, CGI-Center Interdisziplinäre Geschlechterforschung Innsbruck, Universität Innsbruck

    Veranstaltet von:
    Center Interdisziplinäre Geschlechterforschung Innsbruck
    www.uibk.ac.at/geschlechterforschung

    Claudia Opitz: „Feminismus, Geschlechterdebatten und die Zukunft der Geschlechtergeschichte“

    Claudia Opitz: „Feminismus, Geschlechterdebatten und die Zukunft der Geschlechtergeschichte“

    In den letzten Jahren wurden ältere, aus der „Neuen Frauenbewegung“ stammende Geschlechterdebatten etwa im Hinblick auf Gewalt gegen Frauen wieder aktuell. Nicht nur vor Gericht, sondern die Auseinandersetzung über das Miteinander der Geschlechter hat sich auch kulturellen und alltagspraktischen Fragen, dem «alltäglichen Sexismus» zugewandt, zu dem auch jene «Sottisen» gehören, die, wie einst Simone de Beauvoir schrieb, «im Laufe des letzten Jahrhunderts in dicken Wälzern niedergelegt worden» sind, sondern die auch in den (sozialen) Medien und im täglichen Mit- oder Gegeneinander von Männern und Frauen mit darüber entscheiden, ob das Zusammenleben angenehm oder frustrierend, die Beziehungen vielversprechend und bereichernd oder eben gewaltförmig und zerstörerisch erlebt werden. Tatsächlich ist Feminismus dadurch nicht nur im gesamten deutschsprachigen Raum wieder salonfähig geworden, sondern auch weit darüber hinaus. In meinem Vortrag möchte ich, ausgehend von diesem Wiederaufleben des Interesses am Feminismus, aber auch mit Blick auf „queer theory“ und weitere neuere Einflüsse auf dieses historische Forschungsfeld die Frage stellen, wo die Geschlechtergeschichte heute steht und wohin sie sich ggf. weiterentwickeln kann und sollte.

    Claudia Opitz-Belakhal
    Department Geschichte, Universität Basel

    Prof. Dr. Claudia Opitz-Belakhal ist Professorin für Neuere Geschichte an der Universität Basel. Ihre Arbeits- und Forschungsschwerpunkte liegen in der Geschlechtergeschichte der Frühen Neuzeit, insbesondere in der Familien- und Emotionengeschichte, in der Theorie und Methodologie der Geschlechtergeschichte sowie in der Geschichte der politischen Theorie und Praxis von der Renaissance bis zur Französischen Revolution. Ihre jüngsten Publikationen sind „Im Reich der Leidenschaften. Montesquieus politische Anthropologie“ (Frankfurt am Main 2021); „Streit um die Frauen und andere Studien zur frühneuzeitlichen `Querelle des femmes`“(Rossdorf bei Darmstadt 2020) und  schliesslich (zus. mit Ingrid Bauer u. Christa Hämmerle) „Politik – Theorie – Erfahrung. 30 Jahre feministische Geschichtswissenschaft im Gespräch“ (Göttingen 2020).

    65. Innsbrucker Gender Lecture am 15. Juni 2021

    Moderation:
    Maria Heidegger, Institut für Geschichtswissenschaften und Europäische Ethnologie, Universität Innsbruck

    Kommentar:
    Kordula Schnegg, Institut für Alte Geschichte und Altorientalistik, Universität Innsbruck

    Veranstaltet von der
    Forschungsplattform Center Interdisziplinäre Geschlechterforschung Innsbruck
    www.uibk.ac.at/geschlechterforschung

    Elisabeth Sandler: „LGBTQ+-Inklusion an Universitäten: Zeugnisse und Empfehlungen aus der „Out at Cambridge“ Studie“

    Elisabeth Sandler: „LGBTQ+-Inklusion an Universitäten: Zeugnisse und Empfehlungen aus der „Out at Cambridge“ Studie“

    Out at Cambridge

    LGBTQ+ identifizierende Studierende und Universitätsangestellte werden oft mit besonderen Herausforderungen konfrontiert, selbst in einem Umfeld in welchem diese nicht-normativen Identitäten akzeptiert und toleriert werden. Wie eine Forschungsteilnehmer*in der 2019 durchgeführten „Out at Cambridge“ Studie beschrieb: Nicht-marginalisierte Individuen sehen oft nicht wie viel Arbeit es ist „anders“ betrachtete Identitäten beruflich und privat zu navigieren; sich zu erinnern wem gegenüber man sich bereits geoutet hat, jedes Mal erneut zu überlegen wie man sich am besten outet und ob es überhaupt angebracht und professionell genug ist sich im jeweiligen Kontext zu outen. Dazu stoßen leider immer noch häufig vorkommende Momente von Mikroaggressionen und Diskriminierung. All das kann einen wesentlichen Einfluss auf die Kräfte, Zeit, Arbeitskonzentration, und (mentale) Gesundheit haben.

    In diesem Gastvortrag stellt Elisabeth Sandler Ergebnisse der „Out at Cambridge“ Studie (lgbtQ+@cam, University of Cambridge) vor. Durch das Teilen von Stimmen, welche nicht immer Raum bekommen gehört zu werden, zeigt sie auf, inwiefern ein Wohlfühlen sich im Universitätskontext zu outen für Individuen sowie Institutionen von Interesse ist und was Universitäten tun können um ein sicheres, inklusiveres, und diversitätszelebrierendes Hochschulumfeld zu schaffen.

    Link zum Forschungsbericht: https://www.lgbtq.sociology.cam.ac.uk/projects/out-at-cambridge

    ELISABETH SANDLER (Department of Sociology, University of Cambridge) war Vollzeitforscherin in der „Out at Cambridge“-Studie. Nach ihrem Studium der Erziehungswissenschaften an der Universität Innsbruck studierte sie Methodologie und Forschungsmethoden an der Universität Oxford (MSc Education (Research Training)) und Reproduktionssoziologie an der Universität Cambridge (MPhil Sociology of Reproduction), mit Forschungsschwerpunkten in LGBTQ+, Gender, und Sexuality Studies.

    Moderation:
    Claudia Posch, Institut für Sprachwissenschaft, Universität Innsbruck

    Kommentar:
    Karoline Irschara, Institut für Sprachwissenschaft, Universität Innsbruck

    Veranstaltet von der
    Forschungsplattform Center Interdisziplinäre Geschlechterforschung Innsbruck (CGI)
    www.uibk.ac.at/geschlechterforschung

     

    Michelle Cottier: „Elternschaft im Recht jenseits von Heterosexualität und Zweigeschlechtlichkeit als Norm“

    Michelle Cottier: „Elternschaft im Recht jenseits von Heterosexualität und Zweigeschlechtlichkeit als Norm“

    Nach wie vor sind die Familienrechte in Europa an der Norm der Heterosexualität und der Grundannahme der Binarität der Geschlechter orientiert. Gemeinsame Elternschaft gleichgeschlechtlicher Paare wird zwar zunehmend anerkannt, aber als Ausnahme und Abweichung verstanden. Die selbstdefinierte Identität von trans*- und inter*geschlechtlichen Personen als «Vater», «Mutter» oder non-binärem «Elternteil», wie auch Familien mit mehr als zwei Eltern werden hingegen nach wie vor als Irritation wahrgenommen. Aktuell stellt sich nun die Frage, wie ein Familienrecht aussehen kann, das in Bezug auf Elternschaft nicht mehr zwischen Norm und Abweichung unterscheidet, und der aktuellen Vielfalt von Familienrealitäten gerecht wird. Der Vortrag geht der Frage nach, welchen Beitrag die (Legal) Gender Studies zu dieser grundlegenden Neuorientierung leisten können.

    Michelle Cottier ist ordentliche Professorin an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Genf. Ihre Forschungsschwerpunkte sind das Personen- und Familienrecht, das Kindesrecht, die Rechtssoziologie sowie die Gender-Perspektive im Recht. Cottier ist gemeinsam mit Ingeborg Schwenzer und Andrea Büchler Herausgeberin der Zeitschrift „Die Praxis des Familienrechts“.

    Moderation:
    Caroline Voithofer, Institut für Zivilrecht, Universität Innsbruck

    Kommentar:
    Michael Ganner, Institut für Zivilrecht, Universität Innsbruck

    Libe García Zarranz: “Paradoxical Worldings: Reflections on Feminist and Trans Cultures Today”

    Libe García Zarranz: “Paradoxical Worldings: Reflections on Feminist and Trans Cultures Today”

    How can we rethink the paradoxical as a site for feminist and trans intervention? In this lecture, I will share my new research where I look at recent feminist and trans literary, artistic, and cultural production through the notion of paradox (Barenboim & Said 2002; Wunker 2016; Gossett, Stanley & Burton 2017). I will unveil how these writers’ and artists’ worldings (Haraway, 2016) advocate for fierce (political and ethical) modes of kindness and love, while simultaneously proposing what I call a critical necropoethics (Mbembe 2003; Haritaworn et al., 2014; Kähkönen & Ladin 2017). Ultimately, I seek to think critically and ethically about these paradoxical representations, while addressing broader discussions, such as the current fractures between feminist and trans groups, and the central paradox that characterizes these current times where trans visibility intimately co-exists with growing anti-trans violence.

    Dr. Libe García Zarranz is an Associate Professor of Literature in English in the Department of Teacher Education at the Norwegian University of Science & Technology (Norway). Prior to joining NTNU, she taught critical theory and gender studies at Magdalene College, University of Cambridge (UK). Libe has published on Canadian literary studies, affect theory, and feminist, queer and trans studies.

    Aufzeichnung einer online Gender Lecture am 20. Oktober 2020.

    Moderation: Doris Eibl, Institut für Romanistik, Universität Innsbruck
    Kommentar: Ulla Ratheiser, Institut für Anglistik, Universität Innsbruck

     

    Hanna Hacker: „Avantgarde und Kollektivität: Feministischer Aktivismus revisited“

    Hanna Hacker: „Avantgarde und Kollektivität: Feministischer Aktivismus revisited“

    Entwicklungslinien und Bruchstellen frauen*bewegter politischer Praktiken seit der „Second Wave“: Wie hat sich feministisch bewegtes Sprechen über Politikentwürfe, Protestformen und kollektive Sehnsüchte gestaltet und verändert? Wie lässt sich dieses komplexe, kontroverse Feld überhaupt fassen?

    Für eine kritische Rekonstruktion von Frauen*bewegungen folgt der Vortrag insbesondere dem Genre des feministischen Manifests. Manifeste bezeichnen ein Wir, ein Hier, ein Jetzt; sie konzipieren agitatorisches Handeln und setzen eine Geste im Utopischen. Manifeste aus feministischen Kontexten adressieren das Potenzial der Überschreitung gegebener geschlechtlicher Begrenzung und öffnen eigene Räume für die Artikulation von Subjektivität, sozialer Bewegung, Bündnisideen und politischer Transformation. Sie sind selbst politische Praxis – und schlagen einen weiten Bogen, von Valerie Solanas‘ „Manifest der Gesellschaft zur Vernichtung der Männer“ (1968) bis zu Sara Ahmeds „Manifest für feministische Spaßverderber*innen“ (2017).

    HANNA HACKER: Wien, Soziolog*in und Historiker*in. Lektorin und Professorin an verschiedenen österreichischen Universitäten, an der CEU Budapest und an der Université Yaoundé I (Kamerun), zuletzt Gastprofessorin am Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien und Lehre in den Gender Studies; zumeist tätig als freie Wissenschaftlerin. Arbeitsschwerpunkte: Postcolonial und Cultural Studies in feministischer und queerer Perspektive; Forschungsthemen: Geschlechtertheorien, Frauenbewegungen, Sexualitäten, Transkulturalität, internationale Beziehungen, Critical Whiteness. Langjähriges Engagement in österreichischen und internationalen feministischen und queeren Politikzusammenhängen.

    Buchpublikationen u.a.: – Frauen* und Freund_innen. Lesarten „weiblicher Homosexualität“, Österreich 1870–1938. Wien: Zaglossus 2015. – Queer Entwickeln. Feministische und postkoloniale Analysen. Wien: Mandelbaum 2012. – Gewalt ist: keine Frau. Der Akteurin oder eine Geschichte der Transgressionen. Königstein/Taunus: Helmer 1998. – Donauwalzer Damenwahl. Frauenbewegte Zusammenhänge in Österreich. Wien: Promedia 1989 (mit Brigitte Geiger)

    Kommentar: Andrea Urthaler, Doktoratskolleg Geschlecht und Geschlechterverhältnisse in Transformation, Universität Innsbruck

    Moderation: Eliah Lüthi, Doktoratskolleg Geschlecht und Geschlechterverhältnisse in Transformation, Universität Innsbruck

    Renate Bitzan: „Frauenaktivitäten, Frauenbilder und vermeintlicher Feminismus in der rechten Szene der Bundesrepublik Deutschland“

    Renate Bitzan: „Frauenaktivitäten, Frauenbilder und vermeintlicher Feminismus in der rechten Szene der Bundesrepublik Deutschland“

    Von Straftaten über Mitgliedsaktivitäten bis hin zur Zustimmung zu extrem rechten Einstellungen haben Frauen einen – quantitativ unterschiedlich hohen – Anteil am Rechtsextremismus. Die Formen, wie sie sich in dieser Szene engagieren und auftreten, sind vielfältig. Und auch ihre Geschlechterideologien weisen Variationen auf – bis hin zu vermeintlich feministischen Positionen. Das ausschließliche Bild vom unterwürfigen „Heimchen am Herd“ ist zu simpel. Der Vortrag gibt einen Überblick über die genannten Aspekte.

    Prof. Dr. RENATE BITZAN ist Sozialwissenschaftlerin und an der Technischen Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm für das Lehrgebiet Gender & Diversity zuständig. Sie beschäftigt sich seit Ende der 1980er Jahre mit dem Thema ‚Frauen in der extremen Rechten‘ und ist Gründungsmitglied des überregionalen „Forschungsnetzwerk Frauen und Rechtsextremismus“.

    Kommentar: Max Preglau, Institut für Soziologie, Universität Innsbruck
    Moderation: Claudia Globisch, Institut für Soziologie, Universität Innsbruck